Startseite
Englisch
English
Bibelauslegungen
Persönliches
Veränderung
Artikel
Kirche/Gesellschaft
Kontakt
Impressum
- neu -

 

Einleitung zum Themenbereich 'Veränderung'


Die Bewertung von Homosexualität hat sich in den letzten 150 Jahren sowohl in der gesellschaftlich-kulturellen als auch in der wissenschaftlichen Einschätzung mehrfach grundlegend geändert. Jahrhundertelang war man davon ausgegangen, dass homosexuelle Handlungen (insbesondere Analverkehr) ein perverses Verhalten darstellten, das letztlich aber frei gewählt werden konnte.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begannen einzelne Wissenschaftler, Homosexualität als Nervenkrankheit zu definieren, insbesondere psychoanalytische Schulen vermuteten frühkindliche Fehlentwicklungen. Zur strafrechtlichen Verfolgung gesellten sich dadurch sicher oft gut gemeinte, aber meist abstruse Heilungs- und Umerziehungsversuche.

Inzwischen haben sich die maßgeblichen Fachgesellschaften bereits seit Jahrzehnten von der Krankheitsauffassung und Pathologisierung der Homosexualität verabschiedet, sie gilt als Normvariante sexueller Orientierung. Allmählich, auch im Zuge gesetzlicher Regelungen, beginnt sich diese Auffassung auch in vielen Gesellschaften durchzusetzen.

Die Hypothese einer Fehlentwicklung, insbesondere durch frühkindliches Erleben, findet jedoch nach wie vor dort Befürworter, wo weltanschauliche Vorgaben Homosexualität ablehnend gegenüber stehen – also v.a. unter konservativen Christen, aber eben auch vereinzelten Wissenschaftlern und Therapeuten mit konservativ-weltanschaulicher Einbindung. Selbstverständlich treten entsprechende Organisationen in unseren Breitengraden meist nicht mehr für eine juristische Strafverfolgung homosexuellen Verhaltens ein. Wohl aber postulieren sie, dass Homosexualität

  • keine Veranlagung sei, sondern in der Kindheit erworben

  • dass sie lebensschädigend sei und einer Therapie bedürfe und

  • dass auch Aussicht auf eine "Veränderung" durch eine therapeutisch-seelsorgerliche Begleitung bestehe (der frühere Begriff "Heilung" wird inzwischen vermieden): was in der Kindheit angelernt wurde, lasse sich vom Erwachsenen auch wieder überwinden

Hieran angelehnte Verlautbarungen finden sich in nahezu allen theologischen und kirchenpolitischen Auseinandersetzungen und bestimmen das Meinungsbild in der konservativ-christlichen Gemeindelandschaft.

Bei alldem spielt nun nicht nur der naheliegende Gedanke der Einstufung als pathologische Abweichung eine Rolle, die dem Verständnis einer biblischen Ablehnung der Homosexualität so entgegenkommt. Der wichtigere und gewichtigere Aspekt scheint mir ein anderer. Vielleicht sind sich gar nicht alle, die sich mit entsprechenden Auffassungen beschäftigen oder sie selbst vertreten, bewusst, warum der eigentlich psychologisch geprägte Gedanke einer möglichen Veränderung so vehement von christlicher Seite vertreten und verteidigt wird.

Sobald man anerkennt, dass Homosexualität kein schuldhaft gewähltes Verhalten darstellt, gerät jeder ernsthafte Christ, der das Bild eines liebenden und gerechten Gottes vertritt, in ein Dilemma: Es muss ihm zutiefst widerstreben, aus seiner ethisch-theologischen Überzeugung heraus einem Menschen das Reich Gottes zu versperren aufgrund einer Gegebenheit, für die der Betreffende gar nichts kann. Darf er aber davon ausgehen, dass Homosexualität ein Fehlverhalten auf dem Boden einer neurotischen Störung ist, sieht die Situation ganz anders aus: Er möchte ja den Homosexuellen dann nicht nur fernhalten von einer Lebensweise, die dem Menschen letztlich schaden muss, sondern er kann ihm sogar die Verheißung bieten, zu einem besseren und erfüllenden Leben zu finden. Aus der Haltung der Verdammung und Verurteilung wird somit ein Akt der Barmherzigkeit. Homosexualität abzulehnen, ist damit nicht mehr eine theologische Belastung des Bedürfnisses nach biblisch motivierter Menschenfreundlichkeit, sondern vielmehr ein Gebot wahrer Liebe. Die Veränderungs-Verheißung von homosexuell nach heterosexuell, die ursprünglich aus der psychologischen Abteilung stammte, erscheint nun als "Evangelium".

Ich und viele andere mit ähnlichem Hintergrund verdanken freilich diesem "Evangelium" unselige Jahre und Jahrzehnte der Selbstablehnung und Bedrängnis, nicht wenige haben den Glauben ganz verloren. Umso dringender gilt es daher, sich in der Diskussion um die Homosexualität nicht nur auf die theologische Argumentation zu beschränken.

Von daher soll es hier zum einen um die Einordnung der als "wissenschaftlich" dargestellten Theorien zur Ursache der Homosexualität als entwicklungsbedingte neurotische Fehlhaltung gehen. Zum anderen muss die Frage erhoben werden, ob Homosexualität tatsächlich veränderbar ist. Und wenn sie es ist, ob dies die Regel oder die Ausnahme darstellt. Und wenn sie es in der Regel nicht ist, was diese vergeblichen Versuche für die Betreffenden bedeuten.

Christliche Organisationen, die (mit mehr oder minder simplifizierenden Ansätzen) seelsorgerlich-therapeutische Hilfe zur Veränderung anbieten, werden im angloamerikanischen Sprachgebrauch "Exgay organizations" (Ex-Homosexuellen-Organisationen) genannt. Ein Begriff, den man in Deutschland bei ähnlichen Gruppierungen nicht so gerne hört, da man sich nach eigenem Selbstverständnis hier unter einem höheren Anspruch an Wissenschaftlichkeit mit der "Therapie" und Therapiebedürftigkeit homosexueller Menschen beschäftigt.

Die Anzahl solcher Organisationen in Deutschland ist nicht hoch, jedoch beeinflussen sie die Meinungsbildung hierzulande im freikirchlichen Bereich in maßgeblicher Weise. Die bekanntesten und einflussreichsten Institutionen sind dabei wüstenstrom (www.wuestenstrom.de) und OJC (Offensive Junger Christen / www.ojc.de ) bzw. das angeschlossene DIJG ("Deutsches Institut für Jugend und Gesellschaft" / www.dijg.de).

Letztere – OJC und DIJG - sind aktuell (2013) wegen der von ihnen vertretenen "Reparativen Therapie" ins Kreuzfeuer geraten und werden z.Z. im Regierungsauftrag überprüft. Ironischerweise dürften sie die ihnen vorgeworfene Therapien tatsächlich kaum anbieten: Sie verstehen sich eher als eine Art "wissenschaftstheoretische Kaderschmiede" für die solchen Therapieangeboten zugrundeliegenden Denkansätze. Bei kritischer Betrachtung beschränkt sich die Wissenschaftlichkeit im Wesentlichen auf das - freilich rhetorisch virtuos beherrschte - Vokabular. Beim Umgang mit Datenmaterial und Fakten vermisst man jedoch den zur Wissenschaftlichkeit notwendigen objektiv-unparteiischen Umgang, dieser bleibt selektiv und tendenziös und lässt die erklärte Absicht erkennen, lediglich Negatives über Homosexualität zusammenzutragen und zu veröffentlichen. Entsprechend gestaltet sich auch die Tätigkeit bei Seminarangeboten und im Bereich des politischen Engagements. Nähere Informationen finden sich in den untenstehenden Artikeln.

Therapeutische Angebote gibt es im Wesentlichen bei wüstenstrom. Diese Organisation hat vermutlich in den letzten 10 Jahren die augenfälligsten Veränderungen durchgemacht. Die professionelle Ausbildung der seelsorgerlich-therapeutisch Tätigen wurde aufgestockt, wüstenstrom bekennt sich in einer Selbstverpflichtung zu einer "Ergebnisoffenheit" in der Beratung, wenn Klienten sich für eine homosexuelle Beziehung entscheiden. Auch der Schwerpunkt auf das Thema Homosexualität hat sich verlagert zu einem breiteren sexualtherapeutischen und beziehungsberatenden Angebot. 

Das sind aus unserer Sicht positive Entwicklungen und mir scheint bei wüstenstrom auch am ehesten der Ansatz für einen kritisch-respektvollen Dialog gegeben. Unkritisch darf man all dies freilich auch nicht sehen. Wenn auch über die Jahre immer zurückhaltender formuliert, bleibt in sämtlichen Veröffentlichungen bei wüstenstrom nach wie vor die Einschätzung der Homosexualität als misslungenem Kompensationsversuch in ungelösten seelischen Konflikten bestehen und homosexuelle Beziehungen werden in ihrem Charakter stets als defizitär geschildert (und zudem als theologisch zweifelhaft). Mit solchen Informationen "vor-beladen", besteht aber im konkreten Setting für den Klienten keine wirkliche Freiheit in der Selbstfindung mehr: Sich für eine homosexuelle Partnerschaft zu entscheiden, bedeutet ja dann, die "unreife" und minderwertige Beziehung zu wählen und einen faulen theologischen Kompromiss einzugehen.

Leider bieten diese Veröffentlichungen auch nach wie vor den Nährboden dafür, dass sich innerhalb der Gemeinden die Argumentation mit der Minderwertigkeit und Therapierbarkeit homosexueller Empfindungen am Leben erhält und das Streben nach Veränderung geradezu eingefordert wird. 

Auch hierzu kann man nähere Informationen in den unten aufgeführten Texten erlangen.

Im US-amerikanischen Bereich gibt es ebenfalls eine ausgiebige Wissenschaftsdiskussion zum Thema, einige wesentliche Studien wurden dort durchgeführt, von denen die wichtigsten hier besprochen werden.

Veränderung heißt dieser Abschnitt der Homepage. Die Einengung des Begriffes auf eine Veränderung meiner Homosexualität hatte seinerzeit aus einer Verheißung eine Bedrückung gemacht. Ich habe lange gebraucht, bis ich das Stichwort Veränderung nicht mehr als "Stich-Wort" empfand, sondern wieder als das verstehen konnte, was das Evangelium meint: Dass der Gott, der uns annimmt, wie wir sind, uns auch weiterführen möchte dazu, uns in allen unseren Lebensbereichen Jesus-ähnlicher zu gestalten.

Dieser Teil der website ist nicht von ungefähr der letzte, den ich fertiggestellt habe. Die Recherchen zu den zahlreichen Veröffentlichungen, die gegen Homosexuelle ins Feld geführt werden, gehören nicht zu meiner Lieblingsbeschäftigung, auch wenn sie eher zu meinem beruflichen Fachgebiet zu passen scheinen, als die theologische Fragestellung.

Seitenweise nicht nur permanente, teils offene, teils subtil verpackte Herabwürdigung und Feindseligkeit, sondern auch erschreckend bedenkenloser und tendenziöser Umgang mit Datenmaterial und Wahrheit, die einem das Herz schwer machen können!

Ich hoffe, dass die Ausarbeitungen hier mit einen Beitrag dazu leisten können, dass diese unselige Inanspruchnahme von Wissenschaft zur Abwertung Homosexueller ein Ende nimmt.

 

 

Top